Bislang haben reine E-Fahrzeuge die Firmenflotten noch nicht flächendeckend erobert – und Verbrenner in puncto Reichweite sowie Kraftstoffversorgung die Nase auf der Langstrecke leicht vorn. Doch das ist nur eine Momentaufnahme. Die Batterietechnik schreitet mit Siebenmeilenstiefeln voran, eine Vielzahl neuer Technologien steht in den Startlöchern. Ein Überblick.
Unvergessen, die Fahrt mit nur einer Tankfüllung von Frankfurt nach Kopenhagen, damals 1988. Oder das eine Mal, Mitte der Nullerjahre, mit Freunden zum Surfen nach Portugal: Mehr als 2.000 Kilometer – und nur zwei Tankstopps. Nette Erinnerungen aus dem „Ölzeitalter“. Und heute? Klar: Mit einem Elektroauto lassen sich derlei Strecken ohne längere Unterbrechungen nicht zurücklegen. Doch wird das immer so bleiben? Ganz bestimmt nicht …
Schon jetzt um die 500 Kilometer möglich
Das Herzstück eines E-Autos ist nicht dessen Antrieb. An neuen Elektromotoren wird durchaus geforscht, es gibt auch immer wieder kleinere Anpassungen, die etwa deren Effizienz steigern. Einige Entwickler wittern zudem Verbesserungsmöglichkeiten bei Leistungs- und Drehmomentdichte. Große Sprünge und den alles verändernden neuen Ansatz erwartet in der Automobilbranche vorerst aber keiner. Das Hauptaugenmerk gilt vielmehr der Batterie. „Sie ist der Brennraum von morgen“, drückte es Porsche-Chef Oliver Blume jüngst beim virtuellen Volkswagen Power Day aus. Reichweite und Ladezeit werden maßgebend von ihr beeinflusst – und hier existiert auch am meisten Entwicklungspotenzial. Wobei die stetige Weiterentwicklung bereits heute „erfahrbar“ ist. Ein Audi e-tron Sportback 55 quattro (Stromverbrauch in kWh/100 km: kombiniert 24,3-21,6 (NEFZ); CO2-Emission in g/km: 0; Effizienzklasse: A+) legt nach WLTP mit voller Batterie bis zu 452 Kilometer zurück1), ein Volkswagen ID.4 Pro Performance (Stromverbrauch in kWh/100 km: kombiniert 17,5-16,1 (NEFZ); CO2-Emission in g/km: 0; Effizienzklasse: A+) sogar bis zu 520 Kilometer2). Trotzdem: Gerade Flottenfahrzeuge müssen in Zukunft entweder noch mehr „im Tank“ haben oder aber schneller laden.
Schritt für Schritt zu Verbesserungen
Hoffnung verbreiten dabei Blicke nach Braunschweig, nach Salzgitter und ins kalifornische San José. In Braunschweig etwa befindet sich nicht nur die Batteriefertigung der Volkswagen Group Components, also für die ganze Markenfamilie des Volkswagen Konzerns. Im Powerhouse des Standorts tüftelt auch die Vorentwicklung für Batteriesysteme an neuen Lösungen.
Leiterin der Abteilung ist Dr. Ingke-Christine Grau. Die Bio-Ingenieurin und ihr Team aus Konstrukteuren, Berechnern und Systementwicklern testen das Verhalten von Akku-Neuentwicklungen auf gegebene Systeme. Dabei gibt es viel zu beachten: Genügt die Kühlung? Tun sich Sicherheitslücken auf? Sind Elektronik und Steuerung anpassbar? Jede noch so kleine Maßnahme wird hinterfragt und überprüft: „Nur so können wir im Team zu einem logischen nächsten Schritt und in der Konsequenz zu einem guten Ergebnis kommen“, erklärt Entwicklerin Grau.
Innovative Batteriesysteme sorgen für mehr Reichweite
Wie so oft bei Forschungsabteilungen ist auch hier ein tiefer Einblick schwer zu ergattern, schließlich unterliegt vieles der Geheimhaltung. Wenn jedoch in wenigen Jahren Fahrzeuge von Volkswagen, Audi, SEAT und ŠKODA mit einem ultraflachen Cell-to-Car-Batteriesystem umherfahren, kann man sichergehen, dass Grau und ihre Mitarbeiter die Technik über Monate gründlich getestet haben. Dabei werden die Einzelzellen des Akkus nicht mehr wie heute gebündelt oder in Modulen verbaut, sondern direkt im Fahrzeugboden, hüllenlos und als integrierter Teil der Chassis-Konstruktion. Kosten und Gewicht sinken, die Reichweite steigt.
In Salzgitter wiederum entsteht nicht nur eine von sechs Volkswagen Gigafabriken für die Akku-Produktion der Zukunft. Im dort ansässigen Center of Excellence arbeitet man auch an der Weiterentwicklung der aktuellen Lithium-Ionen-Technologie. „Wir versuchen natürlich, eine leistungsstarke, kostengünstige, nachhaltig produzierte Superzelle zu entwickeln“, umreißt der promovierte Chemiker Tim Dagger sein Aufgabenfeld im Volkswagen Batterieforschungszentrum.
Neue Zusammensetzungen, neue Gesamtkonzepte
Tatsächlich liegen jede Menge Optimierungspotenziale in den heutigen Lithium-Ionen-Zellen, ausgereizt ist die Technik noch lange nicht. Um jedoch Lastzüge in Zukunft elektrisch betreiben zu können, benötigt es wohl eine andere Zellchemie. Auch daran forschen Daggers Kollegen in Salzgitter bereits mit Hochdruck.
Fehlt noch das ferne San José: Was hier ausgeklügelt wird, klingt nach ebenso ferner Zukunft. Die Aussichten jedoch sind rosig. An nichts weniger als am „Heiligen Gral der Batterieforschung“, so der renommierte Karlsruher Uni-Professor und Batterieexperte Maximilian Fichtner, tüftelt man hier beim Volkswagen Partner QuantumScape: Gemeint ist die Feststoffbatterie.
Auch die Ladedauer wird sinken
Bei dieser Technologie werden die aktuell flüssigen Elektrolyte in der Zelle mit anorganischen Feststoffen ersetzt. Das verspricht neben einer höheren Lebensdauer auch eine deutlich höhere Akkukapazität bei gleicher Batteriegröße. 30 bis 40 Prozent mehr Reichweite peilen die Entwickler demnach an. Die Markteinführung zieht sich wohl noch etwas hin – ein Nonstop-Trip nach Kopenhagen mit Stromer läge somit aber nicht nur mehr von Hamburg aus im Bereich des Möglichen.
Um wiederum nach Lissabon ohne längere Pause zu kommen, müssen die Ladezeiten noch deutlich sinken. Auch hier geben Feststoffbatterien Grund zur Hoffnung. So halbiere sich mit der neuen Technologie laut Entwicklern die Ladedauer auf rund zehn Minuten. Womöglich früher wird etwa der Einsatz von Silizium- anstatt von Grafit-Anoden die Ladezeiten der aktuellen Akkus erheblich nach unten korrigieren. Besonders Porsche tritt bei dieser Entwicklung auf die Tube und will in den kommenden Jahren vor allem im Motorsportsegment damit punkten.
… und da ist noch mehr
Nicht unerwähnt bleiben sollte hier noch der mögliche Einsatz von Schwefel als Kathode, der nicht nur aufgrund ihrer Bezeichnung vielversprechenden Superkondensatoren sowie der besonders umweltbewussten Redox-Flow-Batterie. Zukunftsmusik, klar, doch die Gedankenfunken der Forscher sprühen geradezu. Für den „Brennraum von morgen“ fehlt es also definitiv nicht an Kraftstoff …
1)Nach dem weltweit harmonisierten Prüfverfahren für Personenwagen und leichte Nutzfahrzeuge (Worldwide Harmonized Light Vehicles Test Procedure, WLTP) in der reichweitengünstigsten Ausstattungsvariante des Audi e-tron Sportback 55 quattro mit 86 kWh Netto-Batterieenergieinhalt auf dem Rollenprüfstand ermittelte Reichweite. Die tatsächlichen WLTP-Reichweitenwerte können ausstattungsbedingt abweichen. Die tatsächliche Reichweite weicht in der Praxis abhängig von Fahrstil, Geschwindigkeit, Einsatz von Komfort-/Nebenverbrauchern, Außentemperatur, Anzahl Mitfahrer/Zuladung und Topografie ab.
2)Nach dem weltweit harmonisierten Prüfverfahren für Personenwagen und leichte Nutzfahrzeuge (Worldwide Harmonized Light Vehicles Test Procedure, WLTP) in der reichweitengünstigsten Ausstattungsvariante des Volkswagen ID.4 Pro Performance mit 77 kWh Netto-Batterieenergieinhalt auf dem Rollenprüfstand ermittelte Reichweite. Die tatsächlichen WLTP-Reichweitenwerte können ausstattungsbedingt abweichen. Die tatsächliche Reichweite weicht in der Praxis abhängig von Fahrstil, Geschwindigkeit, Einsatz von Komfort-/Nebenverbrauchern, Außentemperatur, Anzahl Mitfahrer/Zuladung und Topografie ab.
Stand: 01. September 2021
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